Kreuzwege 7

„Komm Cyrus, jetzt sei nicht böse auf mich“, Marthas Stimme übertrieb es etwas mit dem Schmollen, sie hängte sich an seinen Arm und schritt neben ihm aus, „guck doch, wir Echsen können so ein grimmiges Gesicht machen. Wenn du dich mit den bösen Jungs triffst, werden sie gleich ganz, ganz artig sein.“

Cyrus ärgerte sich maßlos, dass er Martha nicht hatte abschütteln können. Er hatte gehofft der ganze Wein würde sie faul und gefügig machen, aber das Gegenteil war passiert. Sie wurde immer aufgeregter und unternehmungslustiger. Sie war eine richtige Klette geworden, die noch dazu ständig quasselte. Martha war natürlich nicht ohne. Sie bekleidete einen Rang in der Kämpfergilde, die hier in der Stadt eine Vertretung hatte. Was sie dort machte wusste er nicht. Er hatte sie nie in Rüstung und mit Waffen gesehen. Aber bei denen war man nicht einfach so Mitglied, man musste schon geeignet sein, soviel war ihm klar.

„Das ist nur einer, den ich treffe und ich hatte mit ihm schon zu tun. Er ist Jäger, aus dem Aschenland und zuverlässig…“, Cyrus stockte, „ja, manchmal war er plötzlich weg, oder hier und da fehlten am Ende ein paar Ausrüstungsteile, aber bei den Neun, wir müssen alle durchkommen.“

„Siehst du, ihre dunklen Gesichter und glühenden Augen“, sie bellte als würde sie ein Schreckgespenst nachmachen, „du weißt nie was dahintersteckt.“

„Sagt mir ein Echsengesicht mit dem monolithischsten Minenspiel in ganz Elinhir“, konnte sich Cyrus nicht verkneifen.

Martha schlug ihm auf die Schulter und schallt ihn einen frechen Maulhelden. Immer noch zerrte sie an seinem Arm, während sie neben ihm herlief. Ihre Sandalen klapperten auf den Bodenplatten. Cyrus blieb abrupt stehen. Sie waren am Eingang zur Kanalisation angelangt. Es war ein großes Tor in das ein Tunnel führte. Hier war die Zufahrt für die Pferdewagen. Der Kanal selber verlief parallel, dort gab es eine Art Kai und viele kleine und runde Brücken, damit Kähne passieren konnten.

„Martha, ich bitte dich!“, er nahm ihre Hände und beschwor sie förmlich.

„Nein!“, erwiderte sie trotzig. Sie spielte jetzt das verwöhnte Mädchen.

Cyrus gab auf. Er ging zielstrebig weiter. Sie würden noch ein Stück laufen müssen. Hinter dem Bogen würden die Lagergewölbe erscheinen. Sie waren nummeriert, auf dieser Seite müssten die Ungeraden sein. Das war genau richtig.

„Ich find‘ das ja toll, dass du und dein neuer Freund diese“, sie suchte nach dem Fremdwort und als es ihr einfiel betonte sie es ganz stolz, „Expedition plant. Hast du dir Sagits Anzug angeschaut. So eine Farbe habe ich noch nicht gesehen. So grau und die eingenähten blauen Streifen. Sieht gut aus. Aber er ist ganz schön dürr.“

Cyrus hörte nicht mehr richtig zu. Zügig ging er weiter und heftete seinen Blick auf die Spitzen der Gewölbebögen, da wo die Nummern eingemeißelt waren. Die Hallen waren offen, es gab keine Wände und Tore, aber Kistenstapel, Fässer und Regale verstellten oft den Blick. Um die Zeit war hier keiner mehr. Zumal der Fackelmarsch und die Festivitäten alle Bürger in die Stadt gelockt hatten. Fackeln loderten, das taten sie hier rund um die Uhr. Endlich waren sie am Lager 11 angelangt. Sie traten zwischen zwei großen Haufen frisch geschlagenen Holzscheiten hindurch auf eine freie Fläche. Dort stand ein Hauklotz mit einem darin steckenden Beil. Dahinter saß auf einem Baumstamm ein Mann in brauner Lederkleidung. Sein langes schwarzes Haar hatte er mit einem Band zu einem Zopf geschnürt. Er reinigte mit einem riesigen Messer die Nägel seiner kräfigen Finger. Als er aufblickte sah man seine Augen. Sie waren von einem blassen Rot, als hätte man Tinte in Wasser getropft.

„Sieh an, der Herr Cyrus in Begleitung“, grüßte er süffisant. Gleichzeitig traten links und rechts zwei Gestalten aus dem Schatten. Sie trugen auch Leder, etwas abgewetzt und hatten ihre Daumen lässig in die Gürtelschnalle gehakt, wo jeweils ein Schwertknauf hervorlugte.

Cyrus war überrascht und irritiert. Damit hatte er überhaupt nicht gerechnet. Bin ich hier richtig, sollte das ein Hinterhalt sein, seine Gedanken überschlugen sich. Er versuchte sich zusammenzunehmen und sich nichts anmerken zu lassen. Martha hielt sich weiterhin an seinem Arm fest und schaute interessiert in die Runde. Für sie schien der Spaß erst zu beginnen.

„Was ist los Kausi?“, brachte Cyrus endlich hervor, „Hast du hier dein neues Büro und willst du mir gleich deine Assistenten vorstellen?“

Kausi lachte. Er steckte sein Messer weg und verschränkte die Arme. Dann, nachdem sein Gesicht sich wieder geglättet hatte, sagte er ganz ruhig: „Schau mal Cyrus, ich denke unser Geschäft wird leider nicht zustande kommen.“

Cyrus fühlte sich völlig überrumpelt: „Sag mir das doch gleich“, erwiderte er ungehalten, „warum das dann alles?“ Er deute auf das Gewölbe, auf Kausi und seine Kumpane.

„Das ging nicht, weil ich scharf auf deinen Vorschuss bin!“, Kausi steigerte sich zu einer lauten scharfen Stimme. Gleichzeitig stand er auf und stemmte seine Fäuste in die Taille. Die anderen Beiden traten einen Schritt vor und zur Seite Cyrus und Martha in die Zange nehmend.

Martha stand da und gluckste vor sich hin. Sie fand das sehr amüsant.

„Hier nimm doch deinen Vorschuss. Was soll der Quatsch!“, schrie Cyrus und fummelte aufgeregt unter seiner Robe wo er den Beutel mit dem Gold versteckt hatte.

„So einfach ist das nicht.“ Kausi tat einen Wink und seine Gefährten schnappten sich Martha und hielten ihr ihre Schwerter an die Kehle.

„Was soll das heißen?“

„Ihr werdet hierbleiben müssen“, Kausi beugte sich nach vorn und schaute eindringlich in Cyrus ungläubigen Augen.

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