Kreuzwege 41

Der alte Hauswart Meister Schwafel meckerte und brubbelte vor sich hin. Geschwind erklomm er die zweite Etage. Doch kurz bevor er Cyrus‘ Tür zur Wohnung öffnete, krümmte er seinen Rücken und begann schwer zu atmen, als sei er mindestens fünf Etagen mehr gestiegen. Es war ein Reflex, er tat gerne so, als sei er ein gehetzter alter Mann.

Als Meister Schwafel in die Wohnung hereinplatzte, bekam Cyrus einen ordentlichen Schreck. Er war noch im Morgenmantel, hantierte mit Rasiermesser und Seife an der Waschschüssel und unterhielt sich nebenbei mit Sagit. Der Schaum an seiner linken Wange färbte sich rötlich.

„Schwafel, verflucht seist du, wie oft… ahh“

Schwafel kicherte albern und verkündete dann atemlos die Ankunft eines Besuchers in geschäftlichen Belangen.

„Wer soll das denn sein? Hat er sich vorgestellt?“

Doch Meister Schwafel sah sich selber nicht als Lakaien der Hausbewohner. Immerhin hatte er sich lange bitten lassen auf seine alten Tage sich um das Haus zu kümmern, und er tat dies nur aus Gefälligkeit, weil die Gilde ohne ihn natürlich jämmerlich versagen und alles dem Verderben preisgeben würde. Warum Cyrus denn eine Expedition plane und ob dies denn offiziell genehmigt sei, wollte er statt eine Antwort zu geben wissen.

Cyrus rollte mit den Augen: „Lieber Meister Schwafel, ich bitte dich, ich bin im Magierrat und wenn es mir beliebt eine Expedition zu unternehmen, dann mache ich das einfach.“

„So, so!“

„Hat der Besucher sich denn bei dir ausgewiesen, lieber Meister Schwafel?“, lenkte Cyrus ein.

Der Alte berichtete wer nach Cyrus gefragt hatte, wie er aussieht, wie alt er sein könnte, welche Kutte er trägt, Stiefel, das er ein Schwert führt, warum er es auf dem Rücken tragen könnte, auch vom Gesichtsausdruck, Hautfarbe, Beschaffenheit der Hände und Zustand der Zähne wusste er etwas zu sagen.

„Was macht Iareth jetzt schon hier?“, fragte er diesmal Sagit. Der zuckte ratlos mit den Schultern.

„Ich bitte dich, mein lieber Schwafel, schicke ihn herauf. Schau mich an, ich kann so jetzt nicht runter rennen. Bitte!“

Der Hauswart zog mit der Bemerkung, dass seine Liste der unentgeltlichen Taten immer länger werde und dass er einen Obmann wünscht, der seine Rechte verteidigt von dannen. Cyrus beendete seine morgendliche Waschung und stellte alles beiseite. Ein feiner roter Strich zierte seine Wange.

Kurze Zeit später erschien Iareth. Er trat durch die sperrangelweit geöffnete Tür, schaute sich im Raum um und grüßte die Anwesenden.

„So früh habe ich nicht mit dir gerechnet Iareth. Guten Morgen. Darf ich vorstellen, das ist Sagit Tarius“, Cyrus streckte seinen Arm und zeigte in Richtung der hageren Person, die am großen Schreibtisch stand, „Sagit, das ist Iareth, der Mann zur rechten Zeit am richtigen Ort.“

Sagit neigte seinen Kopf, eine Verbeugung andeutend, trat auf Iareth zu und reichte ihm die Hand. Er war nicht viel größer, wie die anderen, aber weil er so mager war, wirkte er so lang. Er trug sein silbergraues Haar kurzgeschoren. Dadurch kam sein kantiges Gesicht sehr zur Geltung. Seine großen Augen beherbergten dunkle braune Pupillen. Die Nase war gerade, wie mit dem Lineal gezogen. Der Mund schmal und das Kinn vorstehend und breit. Gekleidet war er in eine enge graue Jacke mit blauen Steifen und ebenso schmale Hosen, die in weiße geschnürte Stiefel mündeten.

„Ich habe schon ausführlich Bericht erhalten von Ihren gestrigen Taten. Sehr erfreut Sie kennenzulernen“, begrüßte er Iareth.

„Jetzt lass unseren Gast erst einmal Platz nehmen“, Cyrus deutete auf die Sitzecke mit dem Sofa und den Sesseln und schob Iareth in die Richtung.

„Ich hoffe bei dir ist alles in Ordnung, Iareth? Dass du am Vormittag bei mir eintriffst hat hoffentlich keinen ernsten Grund?“

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