Schatzjäger 80

Der Wagen holperte über die steinige Piste, welche die Gegend von Scourg mit der Handelsstraße nach Elinhir verband. Die anfänglichen Gespräche waren zum Erliegen gekommen. Jeder hing entweder seinen Gedanken nach oder versuchte, eine halbwegs erträgliche Sitzposition einzunehmen. Jeder außer den Gefangenen. Zusammengeschnürt und auf dem Boden liegend hatten sie es besonders schwer. Jedes Schlagloch schüttelte sie bis in die Knochen durch, jede Bodenwelle ließ sie auf und ab hüpfen oder sorgte dafür, dass sie sich an den mitgeführten Gepäckstücken blaue Flecken holten. Mittlerweile nahmen sie es fast schon ohne zu jammern hin, da ja doch niemand darauf reagiert hatte.

Zanodar hatte nach mehreren erfolglosen Versuchen endlich eine Seilrolle gefunden und diese mit einem leeren Getreidesack in Form gebracht. Nun hockte er wie in einem Nest, gut gepolstert und relativ geschützt gegen die Stöße des Wagens.

„Sagt, Sagit, was werdet Ihr mit eurem Anteil machen?“ Er wartete nicht auf eine Antwort sondern legte gleich nach: „Dieser wird sich zuerst eine gemütliche Taverne suchen und einmal so gut essen wie die hohen Herren.“ Sein Blick wanderte kurz zu Cyrus. „Und dann wird sich dieser ein nettes Mädchen für die Nacht suchen und danach … hm … danach wird er …“

Mit einem besonders kräftigen Ruck stand der Wagen plötzlich still. Zanodar blickte sich um, dann geradeaus. Mitten auf dem Weg, vielleicht drei Pferdelängen vor ihnen, stand ein Mann.

***

Elinhir – Diebesgilde

Die Tür zersplitterte unter wuchtigen Schlägen. Schreie hallten durch die Gewölbe, wilde Kampfschreie und kurz darauf Schreie der Qual und des Todes. Die Garde hatte die Hauptkammer der Diebesgilde gestürmt. Jeder Widerstand wurde brutal niedergeschlagen, Gefangene wurden nicht gemacht. Sobald die Diebe das erkannt hatten, suchten sie ihr Heil in der Flucht, tauchten ins Labyrinth der Kanalgänge ab und versuchten entweder die tieferen Ebenen oder die weiter entfernten ausgänge zu erreichen. Der Großteil von ihnen schaffte es sogar, denn so zielorientiert wie der Angeriff gekommen war, so halbherzig gestaltete sich ihre Verfolgung.

Die Garde sammelte sich. Ein Befehl wurde gebrüllt, der allerdings kaum menschlich klang. Dann setzte sie sich in Bewegung.

Ra’Shira hatte die Zauber gesprochen, so wie es für den Notfall vorgesehen war. Vor ihm flirrte die Luft. Die Tür zur Schatzkammer verblasste erst, dann verschwand sie ganz und an ihrer Stelle war nur eine schmutziggraue Wand zu sehen, wie man sie überall in den Kanälen antraf. Zugegeben, es war eine Illusion, doch nun musste man schon ganz genau wissen, wo die Tür zu suchen war. Es sollte reichen.

Ra’Shira war zufrieden.

„Sie haben die Schatzmeisterin!“

Er fuhr herum und blitzte den Ankömmling böse an. „Wo?“

„Beim Schrein, bei Nocturnals Schrein, aber…“

„Nichts aber!“ Ra’Shira ließ den Dieb einfach stehen und rannte los.

Wenn Nimoni redete, dann war die Beute von Jahrzehnten mit einem Schlag verloren, dann hatte er nichts mehr. Und das konnte er auf keinen Fall zulassen.

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