Auch die Khajiit hatte den Schrei gehört und fuhr herum.
„R…Rachid!“
Ihre Mönchskutte machte die Drehung natürlich mit, wobei sie mit ordentlich Schwung gegen den Wagen schlug. Etwas klirrte. Midrassa achtete nicht darauf. Sie sah ihren Gefährten in seinem Blut liegen, hörte die Schreie und griff bereits im Lauf in die Tasche, um einen ihrer Heiltränke hervorzuholen.
Ein Fehler!
Ihre Finger griffen in Scherben, schnitten sich daran und das Blut nahm die auslaufende Flüssigkeit auf. Midrassa erstarrte mitten im Lauf, bevor sie vornüber in den Dreck flog und bewegungslos liegenblieb. Mit weit aufgerissenen Augen musste sie mitansehen, wie Rachid in den Armen eines Fremden starb.
Hassan hatte den Schrei natürlich ebenfalls gehört. Gleichzeitig nahm er den Kräuterwagen wahr, welcher aus der Gegenrichtung gekommen war, und sah, wie ein alter Mann vom Kutschbock kletterte.
Er warf noch einen Blick in den Planwagen. Sollte sich doch Midrassa um Rachid kümmern. Die beiden steckten sowieso immer die Köpfe zusammen. Seine Aufgabe lautete Rawlsej, und er würde sich diesen lausigen Taschendieb jetzt schnappen.
Der Gedanke war kaum gedacht, als ihm Midrassa auch schon vor die Füße schlitterte.
Bei Satakal, wie oft hatte er ihr schon gesagt, sie solle vorsichtiger mit den Paralysefläschchen sein! Das musste ja mal so kommen!
Jetzt hatte er erst recht keine Lust sich um Rachid zu kümmern.
„Komm raus da!“ schnauzte er ins Dunkel des Wagens hinein.
Die Plane verharrte still und fing dann an zu zittern.
„Raus! Habe ich gesagt. Oder soll ich dich holen, Katze!?“
Zuerst war ein resignierendes Seufzen zu hören, dann fiel die Plane herab und gab den Blick auf Zanodar frei. Hassan grinste. Einladend wies er neben sich. Dem Khajiit blieb nichts anderes übrig als schicksalsergeben aus dem Wagen zu klettern.
Bevor er jedoch über die Beschwörer hinweggestiegen war und das Ende des Wagens erreicht hatte, wurde Hassans Aufmerksamkeit wieder abgelenkt.
„… Soll ich wegschauen, wenn Blut vergossen wird? Wie soll es weitergehen, wenn wir das zulassen?“ Der Alte war zu ihm gekommen und sah ihn herausfordernd an.
Hassan seufzte. Was wurde das hier? Einer seiner Männer war tot, über Midrassas Missgeschick würden sie vermutlich noch ewig spotten, und wie er aus Gesprächsfetzen mitbekommen hatte, hatten sich der Stadtrat und sein Gehilfe über seine Leute lustig gemacht. Nein! Wenn er jetzt nichts unternahm, ging seine eigene Autorität als Anführer den Bach runter. Es war nicht sein Stil, aber …
Er blickte dem Alten eiskalt in die Augen.
„Ja, es wäre besser gewesen, wenn du weggeschaut hättest.“
Im selben Atemzug hatte er sein Krummschwert in der Hand, es einmal herumgewirbelt und Orebros Kopf abgeschlagen. Sekunden später lagen auch dessen Frau und Hund in ihrem Blut. Tamriel hatte genug Witwen, er war ja kein Unmensch.
Hassan steckte das Schwert ungesäubert weg. Er winkte den Bogenschützen heran, der ihm am nächsten stand. „Legt die Leichen in de Wagen und zündet ihn an!“ Einem anderen befahl er, Zanodar, der inzwischen vom Wagen geklettert war, die Hände zusammenzubinden, und zwei weiteren, Midrassa wegzutragen. Auch ihr band man vorsorglich die Hände zusammen. Die Paralyse lies bereits nach, und Hassans Bedarf an Katastrophen war gedeckt.
Während bereits die ersten Flammen aus dem Kräuterwagen schlugen, trat er noch einmal an Cyrus heran.
„Ich bedaure den Zwischenfall, Stadtrat“, sagte er ohne eine Spur wirklicher Reue im Blick. „Wäret Ihr kooperativer gewesen, so hätte es nicht soweit kommen müssen. Das Blut klebt an Euren Händen. Und nun seid bitte so gut und folgt uns nicht.“
Er wandte sich um und verschwand hinter den anderen über einen kaum sichtbaren Pfad im Gesrüpp. Den Abschluss bildeten zwei Bogenschützen, welche bis zuletzt ihre Pfeile auf Sagit und Cyrus gerichtet hielten.