Hausaufgaben 28

Mittlerweile hatte die Sonne ihren höchsten Stand erreicht und brannte auf Elinhir herab. Zanodar, der nachdem sie sich getrennt hatten, lange ziellos durch die Stadt gewandert war, hatte sich in den Schatten eines breit ausladenden Baumes zurückgezogen. Mit dem Rücken an eine halb verfallene Mauer gelehnt, beobachtete er das Geschehen auf dem winzigen Markt. Es gab nur vier Stände, denen man schon von weitem ansah, dass sie in den besseren Bereichen der Stadt niemand haben wollte. Ein gebrechlich wirkender Kaiserlicher in der stark geflickten Uniform eines Legaten pries gebrauchte Waffen und Rüstungsteile der Armee an. Zanodar war sich vollkommen sicher, dass dieser Mann niemals ein kaiserlicher Offizier gewesen war. Wahrsscheinlich hatte er nicht einmal in der Armee gedient, und seine Waren auf diversen Schlachtfeldern zusammengesammelt.

Neben diesem verkaufte eine kahlköpfige Bosmer Besen und Bürsten. Seit Zanodar den Markt beobachtete, hatte sie gerade einen Kunden gehabt, der ewig gefeilscht und dann doch nichts genommen hatte. Zwei weitere, ebenfalls Bosmer, hatten ihr im Vorbeigehen nur vor die Füße gespuckt. Was diese Frau wohl verbrochen hatte, dass ihre Landsleute sie so behandelten?

Der dritte Stand gehörte einem Nord, einem wahren Koloss von Mann, dessen Oberarme dicker waren als Zanodars Schenkel. Er verdiente als Kesselflicker sein Brot. Ein schwerer aber ehrenhafter Beruf, wie Zanodar fand.

Blieb noch der vierte Stand. Dieser gehörte einem Dunmer, der mit einem ganzen Sammelsurium an Waren handelte. Von der Nähnadel über die Krallenfeile, von bunten Haarschleifen bis zu Putzlappen schien er alles zu führen, was nicht mehr als zwei Kupfermünzen kostete. Er war es auch, der etwas Bewegung auf den Platz brachte, indem er um jeden Kunden endlos lange herumwuselte, ihm dies und das vor die Nase hielt und in der schnellsten Sprechweise, die Zanodar je gehört hatte, die Vorzüge seiner Waren anpries.

Jedenfalls so lange Kunden anwesend waren.

Mittlerweile war es still geworden. Die mittägliche Hitze sorgte dafür, dass jeder der es sich leisten konnte, lieber im Schatten döste, als über irgendwelche Märkte zu laufen.

Auch Zanodar musste kurz eingenickt sein, denn als er wieder aufblickte, stand plötzlich der Dunmer vor ihm, beugte sich leicht zu ihm hinab und starrte ihn an.

„Oh, ich dachte schon du schläfst“, sprach er Zanodar sogleich vertraulich an. „Ich wollte auch nicht stören, sondern …“

„Habt Ihr aber.“

Es war, wie man unschwer sehen konnte, nicht Zanodars höflichster Tag. Das schien den Händler jedoch nicht im mindesten zu beeindrucken.

„Dann entschuldige. Ich lasse dich auch gleich wieder in Ruhe. Ich wollte nur … Ich dachte, jemand wie du wäre vielleicht an einem kleinen Nebenverdienst interessiert, denn wie du siehst muss ich mich hier um meinen Stand kümmern und kann nicht weg. Wenn du dir also, sagen wir, zwei gute alte Septime verdienen möchtest, hätte ich einen Botengang für dich. Nicht weit und auch gar nicht gefährlich. Na, was sagst du?“

Zanodar starrte ihn erst ungläubig an. Wie konnte man so eine Rede halten ohne zwischendurch ein einziges Mal Luft zu holen? Und vor allem, was meinte der Dunmer mit „jemand wie du“? Sah Zanodar so mittellos aus? Er schaute an sich hinab. Nun ja, der Kerker hatte seine Spuren hinterlassen. Seine Kleidung war schmutzig und, was er bis jetzt erfolgreich verdrängt hatte: sie roch auch nicht gut. Sein Fell sah bestimmt ähnlich mitgenommen aus.

Langsam wanderte erst die eine, dann die andere Augenbraue des Händlers in die Höhe und die zwei Goldstücke auf dessen offener Handfläche leuchteten dem Khajiit entgegen. Gleichzeitig begann sein Magen verräterisch zu knurren.

„Na gut. Was muss ich tun?“ fragte er leicht frustriert.

Der Händler grinste. „Ich wusste, dass wir ins Geschäft kommen“, beteuerte er. Dann schaute er sich unauffällig um und steckte dem Khajiit ein kleines Päckchen zu. „Bring das nach Molavar, gleich westlich von der Stadt, hinter dem kleinen See. Aber zeig es niemandem. Gib es dort direkt einem Dunmer mit grellroten Haaren und zwei Goldringen in jedem Ohr. Er wird dir etwas mitgeben. Das bringst du zu mir und dann …“, damit schlossen sich seine Finger blitzschnell um die Münzen, „…bekommst du das Gold. Und jetzt geh!“

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