Hausaufgaben 32

Nur von Sheggorath Geküsste konnten auf die Idee kommen, in der Mittagshitze die Schatten Elinhirs zu verlassen. Diese und ähnliche Gedanken gingen Zanodar durch den Kopf, als er, müde einen Fuß vor den anderen setzend, durch die staubige Landschaft westlich der Stadt latschte. Links von ihm, in einer tiefen Senke, schimmerte ein See, während rechts die Berge allmählich immer steiler anstiegen. Ein paar Bäume hatten dicht am Ufer Wurzeln geschlagen. Dazwischen breiteten sich Büsche aus, die gerade in leuchtendem Rot blühten. Vielfarbige Schmetterlinge flogen tänzelnd darüber hinweg und zwischen den Blättern sangen Vögel aus vollsten Kehlen ihr Lied.

Für die Naturschönheiten hatte der Khajiit jedoch keinen Blick. Für ihn gab es nur den stetig steigenden Pfad voller Staub, Steine und Resten abbröckelnder Stufen, die brütende Hitze und ein paar Fliegen, die beschlossen hatten, dass er das perfekte Opfer für ihre notorische Nerverei abgab. Er hatte längst aufgegeben sie verscheuchen zu wollen. Verwitterte Torbögen überspannten den Weg. Einst mussten die unternirnischen Ruinen von Molavar ziemlich bedeutend gewesen sein, wenn man schon auf die Gestaltung der Zuwegung solchen Wert gelegt hatte. Heute waren sie mehr oder weniger vergessen, leer und geplündert. Es bestand keine Hoffnung, darin noch etwas von Wert finden zu können, und so machte sich auch kaum jemand die Mühe, den Pfad zu erklimmen. Bis auf …

„Bleib stehen!“

Zanodar gehorchte aufs Wort.

„Wer bist du? Was willst du hier?“

„Ein Wanderer in der Gunst der Drei“ antwortete er mit der auswendig gelernten Losung, deren Sinn sich ihm nicht erschloss. Es war Zanodar auch egal, so lange es funktionierte. Vorsichtig blickte er auf. Und schluckte. Zwei Pfeile waren direkt auf ihn gerichtet. Die dazugehörigen Bögen hileten bis zur Unkenntlichkeit vermunnte Gestalten in den Händen. Zanodar hätte nicht einmnal mit Sicherheit sagen können, ob es sich um Männer oder Frauen handelte. Nur die rot glühenden Augen in den Sichtschlitzen wiesen sie eindeutig als Dunmer aus.

„Komm mit!“

Die Stimme gehörte einer dritten Person, einer Frau, die zwar ebenfalls ein Tuch über Mund und Nase trug, deren sonstige Montur aber wesentlich figurbetonter geschnitten war. In Lederschlaufen, die scheinbar an jedem Körperteil angebracht waren, zählte er auf den ersten Blick mindestens zehn Messer. Instinktiv fiel er einen Schritt zurück.

Die Tore Molavars schlossen sich hinter ihm. Eine Treppe führte hinab. Mit jedem Schritt, den er tat, wurde es wärmer, obwohl eigentlich das Gegenteil hätte eintreten müssen. Den Grund dafür fand Zanodar kurz darauf, als sich der Weg zwischen Lavapfützen dahinwand.

Wie konnte man in solch einer Umgebung leben wollen?

Seine Aufmerksamkeit wurde auf eine kleine Gruppe gelenkt, auf die sie zugingen. Es waren alles Dunmer, einer davon rothaarig. Das Gold seiner Ohrringe blitzte im Fackelschein.

„Varel hat einen Neuen geschickt“, sagte seine Führerin, noch bevor sie die anderen erreicht hatten.

„Wieder einmal?“ Der Rothaarige trat auf sie zu. „Ich hoffe für ihn, dass er nicht irgendwann an den falschen gerät. Zu viel Leichtsinn kann gesundheitsschädlich sein.“ Seine Augen richteten sich auf Zanodar. „Gib schon her!“

Leicht zitternd zog der angesprochene das Paket aus seinem Hemd und reichte es dem Dunmer.

„Du redest nicht viel, was? Das ist gut. Warte hier!“

Auch wenn alles in Zanodar schrie, die Beine in die Hand zu nehmen, so wusste er doch, dass er sich dieser Aufforderung kaum widersetzen konnte. Jedenfalls nicht, wenn er den Rückweg mit heilem Fell schaffen wollte.

Es dauerte auch nicht lange, da kehrte der Rothaarige zu ihm zurück. Er übergab Zanodar ein anderes Paket, dessen Inhalt sich nach einer Anzahl Glasfläschchen anfühlte.

Nach einer kurzen Ermahnung, sich nicht von den Wachen erwischen zu lassen, durfte er gehen.

Es gab nichts, was Zanodar lieber tat.

Er hatte gerade den Nordrand des Sees erreicht, da rief man in Elinhir zum Abendgebet. Nun war Eile geboten.

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