Hausaufgaben 60

„Das müssen sie sein“, sagte Sagit und schaute in die Richtung aus der das Poltern und Rufen gekommen war. Er dachte kurz nach. Dann erklärte er: „Mach dir keine Gedanken. Zur Not gehst du als Haustier durch. Mir fällt schon etwas ein. Dringlicher ist es hier herauszukommen… Im Übrigen…“

Sagit verbarg das schmale Heft in der Brusttasche nahe beim Ohr, damit die Kordel nicht so spannte. Dann ging er auf das Licht zu, das aus Iareths Laterne drang. Die metallene Spinne, die ein dwemerscher Spinnenzenturio war, tippelte tickend einen Schritt voraus. Das Licht bei Iareth kam Sagit gleißend hell vor, nachdem seine Augen sich so vollkommen an die Finsternis adaptiert hatten. Nicht einmal die Spinne sah er vor sich. Die Hacken seiner Stiefel schlugen auf den Stein, dass es hell durch die Halle klang. Er stieß gegen einen Gegenstand. Scheppernd schlitterte er gegen ein Hindernis und stieß eine Reihe aufgeregt modulierter Töne aus. „Tut mir Leid“, flüsterte Sagit. Iareths und Zanodars Gesichter wandten sich ihm zu. Der Schreck darin wandelte sich in Erkennen. Doch noch bevor jemand etwas sagen konnte, schoss Dampf aus der Luke, aus der die beiden soeben geklettert waren und begann sie in heiße Nebelschwaden zu hüllen.

„Nein!“, rief Sagit. Aber die Spinne verschwand behänd in der Öffnung über dem Regal. Inzwischen wurde das Rauschen immer lauter und der feuchte Dunst immer dichter. Sie setzten sich in Bewegung, einigermaßen planlos, Hauptsache weg vom Dampf und dem Lärm.

„Es wird gleich unangenehm für Laib und Seele werden. Ich fürchte um unsere Versehrtheit“, Sagit sprach lauter, als es nötig war. Inzwischen hatten sie sich vom zischenden Nebel entfernt und standen wieder in der Halle, aber er war aufgeregt, „Der Dampf kann in den geborstenen Rohren nicht zirkulieren. Ein Druck baut sich auf. Ich weiß nicht wie man es ausdrückt, aber es wird mächtig… gewaltig… Bombenschlag.“

Als hätte Sagit das Stichwort gegeben, bebte der Boden und aus dem Loch in der Decke fielen Steine herunter. Er nahm Iareth die Laterne aus der Hand, hielt sie hoch über den Kopf und leuchtete in eine bestimmte Richtung.

„Da ist die Nische im Gang! Da müssten wir sicher sein! Schnell!“

Ohne zu warten ging er los. Die Beiden folgten ihm. Gerade rechtzeitig kamen sie dort an. Der Boden bebte erneut und hörte nicht mehr auf. Sie taumelten und mussten sich an den Wänden stützen. Es schepperte. Dampf wallte an ihren Waden entlang. Sagit verlor die Laterne und es war stockfinster. Schläge ertönten, als würden sie neben einer riesigen Glocke stehen. Das Beben wurde immer stärker. In der Dunkelheit fühlte es sich an, als würde die Welt schwanken. Dann sackte der Boden weg, um einen Augenblick später in einem lauten Knall angehoben zu werden.

Sagit brach orientierungslos zusammen. Wo war unten? Wo war oben? Er konnte es nicht sagen. Es war beinahe wie ertrinken. Er war wie taub und schien zu schweben. Dreck und Kies prasselte auf ihn aus allen Richtungen ein. Dann wirbelte er jäh in einer Welle aus Schwerkraft um seine Achse und prallte gegen Stein. Das Rumoren war vorbei. Stille breitete sich aus.

Er wachte auf, weil ihm eiskalt geworden war. Als er seine Augen öffnete, sah er den Sternenhimmel über sich. Kein Schatten auch nur einer Wolke behinderte die Sicht. Seltsam, dachte er, hat der Dampf mich in den Himmel katapultiert? Er hob seinen Kopf und ließ ihn vor Schmerz wieder sinken. Dann dämmerte er bewusstlos weg.

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