Cyrus sah Iareth abspringen. Die Zeit verlangsamte sich auf merkwürdige Weise. Er konnte blitzschnell denken, aber nicht körperlich reagieren. Es war als wäre er gefesselt. Wäre er ein Kämpfer oder ein Rennpferd, könnte er dieses Gefühl überwinden und eins mit der Zeit sein, aber er war nur ein Beamter oder jemand der Wetten platzierte, im anderen Falle. Er sah die Maske, Iareths Maske und fragte sich, ob das wirklich Iareth war, der da den Säbel in ihn rammen wollte. Wann hatten sie sich zuletzt gesehen? Es war schon lange her. Aus seinem Angestellten war ein Mörder geworden. Reichte ihm die Bezahlung nicht? Was ließ die Leute sich aufgrund eines nichtigen Anlasses, so von innen nach außen kehren und einem gleich nach dem Leben trachten. Inzwischen war die Maske in Griffweite angelangt. Cyrus sah deutlich die Kratzer und Flecken auf ihr. Mit einem schmerzenden Kraftakt drehte er seine Hand, die den Zauberstab hielt, so daß der Stiel in die Bahn des herabschwingenden Säbels geriet. Hinter den Schlitzen starrten Iareths irre Pupillen hervor.
Die Schneide prallte vom harten Stiel ab und Cyrus‘ Handgelenke vibrierten unter dem Schlag, den sie absorbieren mussten. Er ächzte, weil er diese Wucht nicht erwartet hatte, aber gleichzeitig war er glücklich darüber diesen Angriff überstanden zu haben. Iareth landete geschickt auf den Füßen ohne sein Ziel aus den Augen zu verlieren. Er war ein meisterlicher Kämpfer durch und durch, die Verteidigung seines Gegners würde nicht seinen Einfluss auf das Kampfgeschehen mindern. Außer etwas Unerwartetes geschieht, dachte sich Cyrus. Sein Blick fiel auf einen kleineren Brocken hinter Iareth, der sich schon wieder wie eine Feder spannte, um zum nächsten Angriff anzusetzen. Der Trick war einfach. Cyrus fokussierte sich und ließ die Luft vor dem Stein verschwinden und durch den Sog bewegte er sich in das Luftloch. Auf diese Weise konnte man keine Berge versetzen, aber als der Stein an Iareths Kopf knallte, blieb er wie paralysiert stehen. Cyrus nutzte die Gelegenheit.
„Verdammt nochmal Iareth, was ist in dich gefahren? Ich weiß, dein Lohn steht aus, aber wenn du mich umbringst, hast du gar nix!“
Iareth richtete sich auf, seine Maske war verrutscht und hing schief auf seinem Gesicht. Er rückte sie wieder vor seine Augen und richtete den Blick auf Cyrus. Einen Moment sah es so aus als wollte er sprechen, dann hob er den Säbel. Cyrus reagierte und ließ einen weitere Stein aus dem Nichts auf Iareth zu fliegen, er wich aus und schlug zu. Abermals prallte Metall auf Holz. Die Waffen waren verkeilt. Cyrus Gesicht war in Anstrengung verzerrt, während er versuchte sich den Säbel vom Leib zu halten, nur wenige Zentimeter trennten ihn von der fratzenhaften Maske. Iareth löste eine Hand von seinem Säbel, griff in den Stab und bog ihn zur Seite, auch Cyrus bekam eine Hand frei und kanalisierte einen Zauber. Im nächsten Moment schnellte Iareth vor und verpasste ihm eine Kopfnuss mitten auf die Nase.
Es knirschte schauderhaft und Cyrus fühlte Blut die Oberlippe herunterlaufen. Er taumelte rückwärts und fiel schließlich auf den Rücken. Ihm blieb die Luft weg, aber es war keine Zeit zum Sammeln oder einfach nur durchzuatmen. Iareth kam unaufhaltsam näher. Panisch versuchte Cyrus sich mit den Beinen strampelnd und auf den Armen laufend weiter zurückzuziehen, doch eines der Gitter hielt ihn auf. Er wollte einen weiteren Stein fliegen lassen, aber er bewegte ihn aus Versehen in die falsche Richtung. Dann versuchte er so schnell wie möglich aufstehen und stützte sich auf den Stab. Iareth schlug ihm die Stütze mit einem geschickten Fußtritt aus der Hand. Cyrus krachte auf den Boden zurück.
„Iareth! Komm zu dir!“, schrie er verzweifelt.
Iareth schlug zu, Cyrus hob abwehrend den Arm gegen den Säbel. Der Säbel traf auf den Arm, doch anstatt ihn glatt durchzutrennen, wie Iareth erwartet hatte, prallte er mit einem kratzenden Geräusch ab. Im nächsten Moment flog der Zauberstab, den er eben weggetreten hatte zurück zu seinem Besitzer, traf auf dem Weg Iareths Beine und brachte ihn zu Fall.
Noch bevor Iareth auf den Boden traf, hatte er seinen Körperschwerpunkt so verlagert, dass er abrollen konnte und in einem Atemzug wieder auf den Beinen war, die Waffe kampfbereit. Cyrus stand auch, aber er schwankte und suchte nach einer guten Position. Er erwartete wieder den Säbel in einem Bogen auf ihn zufliegen zu sehen. Stattdessen traf ihn Iareths steife Schuhsohle mitten in die Brust. Er blickte erstaunt die Linie des lang ausgestreckten Beines und Iareths Arm hinab über die Schulter bis direkt in die Sehschlitze der Maske. Während sich Cyrus von Impuls des Stoßes getragen entfernte flackerten die Augen dahinter wie wild. Iareth stellte ihm den Fuß auf die Brust und drückte ihn zu Boden.
„Alles hat ein Ende,“ Iareths Stimme klang blechern und kam wie aus weiter Ferne. Er hob den Säbel mit beiden Händen über den Kopf. In Iareths Maske schimmerte eine gleißend helle Reflexion, für einen kurzen Moment erkannte es Cyrus; auf der Fratze der Maske spiegelte sich ein unweltliches Gesicht vollkommener Schönheit. Der Säbel kam herab. Cyrus schloß die Augen. Im nächsten Moment hörte er einen Schrei, aber er kam nicht aus seiner Kehle, sondern von Iareth. Er schlug die Augen auf. Der Dunmer schüttelte sich, als würde er von einem unsichtbaren Gegner angegriffen werden, die Hände hatte er verkrampft am Säbel, dessen Schneide nur eine Handbreit von Cyrus Gesicht entfernt zum stehen gekommen war. Cyrus wartete nicht bis er sich erholte, er rollte zur Seite, nur weg von Iareth. Er spürte einen scharfen Schmerz auf der Stirn, achtete nicht darauf und und rappelte sich einige Meter entfernt auf. Blut lief ihm über das Gesicht, er hatte sich an dem Säbel die Stirn aufgeschnitten.
Als er sich das Blut wegwischen wollte berührte er seine verletzte Nase und heulte vor Schmerz auf. Aber ihm blieb keine Zeit. Iareth hatte was immer ihn auch aufgehalten hatte abgeschüttelt und er nahm wieder seine Kampfhaltung ein. Diesmal reagiert Cyrus instinktiv. Er richtete seinen Stab auf einen Punkt vor Iareths Füßen und platzierte eine Lähmungsfalle. Sie würde ihn nicht lange aufhalten, nur ein paar Augenblicke in denen Cyrus Luft holen und sich vielleicht endlich etwas zusammenreimen konnte. Iareth löste die unsichtbare Falle aus und schaute auf seine unbeweglichen Beine. Dann schaute er wieder auf zu Cyrus. Er würde abwarten.
„Sagit! Geht es dir gut?“, rief Cyrus dem am Boden liegenden Verletzten zu.
„Schwach“, kam es herüber.
„Was ist passiert?“
„Ein Wesen mit Flügeln… befahl uns…“
Das Gesicht, schoss es Cyrus durch den Kopf, dieses Gesicht, vorhin auf der Maske, kenne ich es? Er wollte zu Iareth sprechen, aber der ließ seinen Säbel fauchend die Luft zerschneiden. Langsam kam er auf ihn zu. Cyrus reagierte, bevor Iareth die Distanz zwischen ihnen überbrücken konnte. Er ließ seinen Stab kreisen und beschwor ein mattes, violettes Licht, das sich wie eine Kuppel um ihn legte. Iareth sprang vor und schlug nach seiner Schulter, doch der Säbel glitt an dem beschworenen Licht ab. Cyrus holte aus und stieß das stumpfe Ende seines Stabes mit aller Kraft in Iareths Bauch. Dieser stolperte zurück und gab ein schmerzerfülltes Keuchen von sich.
Was ihn aber nicht davon abhielt mit seinem Säbel den Angriff zu Kontern. Cyrus konnte machen was er wollte, Iareth würde den Druck auf ihn nicht mindern. Er war besessen, wie eine Kampfmaschine, wie ihre Zenturios sein würden, wenn sie das hier lebend überstanden. Sie mussten es überstehen, da war sich Cyrus so sicher, dass er seinen Willen schwellen fühlte. Er schaffte es Iareths Parade zu blocken. Langsam bekam er Übung darin den verfluchten Säbel mit seinem Stab vor seinem Gesicht aufzuhalten. Deutlich sah er jetzt die Augen hinter der Maske, ein Paar entschlossen, aber auch leer dreinblickender Augenpaare.
„Was auch immer hier geschehen ist, du musst es abschütteln!“ Cyrus sprach eindringlich, es war nicht einfach, weil er gleichzeitig soviel Druck mit den Armen gegen Iareths Ansturm erzeugen musste. „Es hat Macht über dich, aber du kannst es brechen!“
Ein Lachen erklang und es war nicht eindeutig, ob es aus Iareths Mund, oder einfach aus der Peripherie des Raumes kam. Cyrus hatte nun etwas Luft, schwang seinen Stab gegen Iareth und schlug ins Leere. Der Dunmer hatte sich weggeduckt, er nahm die Linke vom Säbel und versetzte Cyrus einen Faustschlag ans Ohr. Es rauschte und eine Hitze strahlte ausgehend vom getroffenen Ohr um den Kopf. Wenigstens merkte er die Nase nicht mehr so deutlich. Aber seine Kräfte begannen langsam und sicher zu schwinden. Er wusste, dass er den Kampf nicht mehr lange würde durchhalten können. In seiner Verzweiflung tauchte er ab, machte einen Satz nach vorn und umklammerte Iareth, um ihn seinen Bewegungsraum zu nehmen.
„Du musst es brechen, Iareth!“
Iareth sprengte seine Arme einfach weg und packte ihn am Hals. Es war nicht so, dass er nicht atmen hätte können. Es ging einfach nicht. Seine Augen trübten sich und traten hervor. Ein wilde Panik stieg in ihm auf, aber er konnte nichts machen. Iareth schleuderte ihn einfach zu Boden. Er trat vor und direkt auf Cyrus Hand, es knirschte. Der Rothwardone war an den Boden gefesselt und hilflos. Der Kampf war vorbei.